Europas nationale Erzählungen: Warum sich viele Länder nur als Opfer sehen

Admin User
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Ein aufgeschlagenes Buch mit Schrift darauf.

Europas nationale Erzählungen: Warum sich viele Länder nur als Opfer sehen

Eine kürzliche Konferenz in Berlin brachte junge Europäer zusammen, um zu erörtern, wie ihre Länder den Zweiten Weltkrieg in Erinnerung behalten. Jeder Teilnehmer schilderte die zentrale historische Erzählung seines Landes – dabei zeigte sich ein auffälliges Muster: Viele Nationen stützen ihre Identität maßgeblich auf die Rolle als Opfer. Die Veranstaltung, die achtzig Jahre nach der dunkelsten Phase Deutschlands stattfand, warf zudem grundlegendere Fragen auf: Wie prägt Trauma nationale Erzählungen – und was wird dabei ausgeblendet?

Auf der Konferenz beschrieben die meisten jungen Europäer ihre nationale Identität als tief verwurzelt im Leiden während des Zweiten Weltkriegs. Dieser Fokus auf die Opferrolle, nachvollziehbar wie er ist, verdeckt oft jene Momente, in denen die eigenen Länder selbst als Aggressoren handelten. Wie eine Rednerin anmerkte, inszenieren sich selbst Nationen mit einer gewalttätigen Vergangenheit vor allem als Opfer.

Die Debatten machten deutlich, wie sehr Trauma die Geschichtsschreibung von Staaten prägt – und wie dabei unangenehme Wahrheiten häufig an den Rand gedrängt werden. Indem die Teilnehmer diese Erzählungen hinterfragten, eröffneten sich ihnen Wege zur Versöhnung statt zur wiederholten Spaltung. Die Konferenz deutete an, dass die Anerkennung sowohl der Opferrolle als auch eigener Aggression der erste Schritt sein könnte, um die Beziehungen zwischen den Nationen neu zu definieren.